Rauchst du noch…
… oder bist du schon abhängig?
Zugegeben, das ist keine einfache Frage. Stellt man sie einem Raucher oder einer Raucherin, hört man oft die Antwort: „Abhängig bin ich nicht. Ich könnte jederzeit damit aufhören“. Etwas nachdenklicher sind dagegen häufig Menschen, die schon einmal (oder sogar mehrfach) versucht haben, mit dem Rauchen aufzuhören und es nicht geschafft haben. Die haben schon erlebt, wie abhängig sie tatsächlich von der Zigarette sind.
Aber wo verläuft eigentlich die Trennlinie zwischen Gewohnheit und Abhängigkeit? Wie kann man feststellen, ob sich bei einem selbst eine Abhängigkeit vom Rauchen entwickelt hat? Und bedeutet Abhängigkeit, dass ein Ausstieg aus dem Rauchen so gut wie unmöglich ist?
Wer hat hier wen in der Hand?
Erst hat der Raucher bzw. die Raucherin die Zigarette in der Hand, irgendwann ist es umgekehrt: Dieser Satz beschreibt, wie sich aus dem Rauchen eine Abhängigkeit entwickeln kann – mit dem Ergebnis, dass dann die Zigarette „bestimmt“, ob jemand raucht oder nicht.
Abhängiges Rauchen lässt sich zum Beispiel gut an Bahnhöfen, Bushaltestellen oder Flughäfen beobachten: Vor der Reise (oder beim Umsteigen) wird schnell noch eine Zigarette geraucht, bevor es dann in das entsprechende Verkehrsmittel geht (denn dort darf ja bekanntlich nicht geraucht werden). Damit die Fahrt oder der Flug nicht durch das starke Verlangen nach einer Zigarette oder gar durch Entzugserscheinungen wie Nervosität oder Unruhe gestört wird, sorgen diese Raucherinnen und Raucher also vor, indem sie „vorrauchen“. Ja, ihr habt richtig gelesen: Viele Raucherinnen und Raucher sprechen in solchen Fällen tatsächlich vom „Vorrauchen“.
Bei diesem Beispiel lassen sich gleich zwei typische Abhängigkeits-Symptome beobachten:
1. ein starkes Verlangen nach der Zigarette, sowie
2. Entzugssymptome, wenn eine Zeit lang nicht geraucht wird.
Diagnose Tabakabhängigkeit
Das sogenannte „ICD-10“ ist ein weltweit anerkanntes System, über das medizinische Diagnosen einheitlich benannt werden. „ICD“ steht für „International Classification of Diseases“ (Internationale Klassifikation von Krankheiten). Das System ist in seiner Geschichte schon zehn Mal überarbeitet worden. Die aktuelle Version ist also die zehnte, deshalb heißt das System auch „ICD-10“. Version 11 steht übrigens schon in den Startlöchern.
In dem ICD-Klassifikationssystem findet man – unter dem Kürzel „F 17.2“ – auch eine Beschreibung der Tabakabhängigkeit. Es werden dort sechs Kriterien genannt. Davon müssen drei in den letzten 12 Monaten in Erscheinung getreten sein, damit die Diagnose „Tabakabhängigkeit" gestellt werden kann. Das sind die sechs Kriterien:
- Starker Wunsch oder Zwang, Tabak zu konsumieren.
- Eingeschränkte Kontrolle über Beginn, Beendigung und Menge des Konsums.
- Entzugserscheinungen bei Reduktion oder Beendigung des Konsums, sowie Konsum, um die Entzugserscheinungen zu mildern.
- Toleranzentwicklung: Um eine gleichbleibende Wirkung zu erzielen, sind zunehmend höhere Dosen erforderlich.
- Zunehmende Vernachlässigung anderer Aktivitäten und Interessen zugunsten des Konsums.
- Anhaltender Konsum trotz des Nachweises von Folgeschäden.
Diese Kriterien sind nicht als Checkliste für Raucherinnen oder Raucher gedacht, um festzustellen, ob und wie stark sie vom Rauchen abhängig sind. Für diesen Zweck ist ein Selbsttest entwickelt worden, der nach seinem Begründer „Fagerström-Test“ genannt wird. Der Test richtet sich vor allem an erwachsene Raucherinnen und Raucher und kann auf der Website unserer „großen rauchfrei-Schwester“ (rauchfrei-Plattform für Erwachsene; www.rauchfrei-info.de) angesehen und durchgeführt werden.
Nikotin ist ein Suchtstoff
Rauchen ist also keine bloße Angewohnheit? Nein, denn Nikotin ist ein Suchtstoff, der schnell und stark abhängig macht. Lange Zeit war das nicht bekannt. Erst seit Ende der 1980er-Jahre gilt als wissenschaftlich belegt, dass Nikotin ein hohes Suchtpotential hat.
Und dennoch bedeutet Tabakabhängigkeit nicht, dass jemand gar nicht mehr los kommt von der Zigarette. Sehr viele Menschen, die früher geraucht haben, sind inzwischen überzeugte Nichtraucherinnen und Nichtraucher. Sie haben den Ausstieg trotz jahrelangen Rauchens geschafft. Manche von ihnen sind ganz alleine von der Zigarette losgekommen, andere haben sich Hilfe geholt. Zum Beispiel bei unserer telefonischen Hotline. Sie ist anonym und steht euch von montags bis donnerstags von 10 bis 22 Uhr sowie freitags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr unter 0 800 8 31 31 31 * zur Verfügung.
* kostenfreie Servicenummer
Je früher im Leben jemand aufhört, umso besser ist es für seine oder ihre Gesundheit.
Hier findet ihr weitere Infos zum Thema Rauchstopp.
Fachautor:
Peter Spahlinger
Redaktion:
Lydia Brunn, Martin Reemts