So viele Menschen rauchen tatsächlich (noch)

„Es raucht ja kaum noch jemand“, ist Hannah überzeugt. „Seit meine Mutter vor ein paar Jahren aufgehört hat, gibt es in meiner Familie nur noch Nichtraucher und Nichtraucherinnen, von einem entfernten Verwandten mal abgesehen.

In meiner Stufe rauchen auch nur ganz wenige.“ Hannahs Freund Kim wundert sich – er macht da ganz andere Erfahrungen: „Erst heute früh hat mich so ein Typ an der Bushaltestelle voll gequalmt und auf dem Weg zum Sport habe ich jede Menge Leute gesehen, die sogar bei Schnee und Regen draußen stehen und rauchen.“ Wer von den beiden hat nun Recht? Gibt es in Deutschland tatsächlich kaum noch Raucherinnen und Raucher – wie Hannah glaubt? Vielleicht ärgert sich Kim ja einfach nur stärker über rauchende Mitmenschen und deswegen fallen ihm die rauchenden Menschen stärker auf? 

Selektive Wahrnehmung

Tatsächlich ist die eigene Wahrnehmung oft ungenau. Psychologinnen und Psychologen sprechen in solchen Fällen von „selektiver Wahrnehmung“: Einige Dinge fallen uns auf, das meiste aber blenden wir aus. Und das ist auch gut so – denn wenn wir zum Beispiel jeder Person, die uns auf dem Weg zur Schule begegnet, unsere Aufmerksamkeit schenken würden, wäre unser Gehirn schnell überfordert – und wir würden wohl jedes Mal zu spät zur Schule kommen.

Ganz anders sieht der Fall aus, wenn wir uns zum Beispiel für ein bestimmtes Kleidungsstück oder Smartphone interessieren. Ihr kennt das vielleicht: Auf einmal sehen wir es dann überall – ganz einfach, weil wir verstärkt darauf achten. Der Effekt der „selektiven Wahrnehmung“ („selektiv“ heißt übrigens so viel wie „auswählend“) erklärt unter anderem, warum Menschen die Welt so unterschiedlich sehen oder besser gesagt: Wahrnehmen.

Persönlicher Eindruck führt oft in die Irre

Zurück zum Thema Rauchen. Dass wir häufig Menschen sehen, die zum Beispiel vor Bürogebäuden und auf Balkonen rauchen, liegt auch daran, dass in den meisten öffentlichen Gebäuden seit einigen Jahren ein Rauchverbot herrscht und sich außerdem immer mehr Menschen für ein rauchfreies Zuhause entscheiden. Wer rauchen will, muss heutzutage meist also vor die Tür – und wird dann von uns beim Rauchen gesehen. 

Bei der Überlegung, wie viele Menschen in Deutschland rauchen, können wir uns also nicht gut auf unsere persönlichen Eindrücke verlassen. Eine viel bessere, weil zuverlässigere Quelle: Wissenschaftliche Studien und Befragungen.

Hier also die harten Fakten:

  • Mehr als jeder vierte erwachsene Mann und etwa jede fünfte erwachsene Frau in Deutschland raucht.
  • In den Bundesländern Bayern und Saarland rauchen die wenigsten Menschen, hier liegt der Anteil von Raucherinnen und Raucher in der erwachsenen Bevölkerung (18 Jahre oder älter) bei 21 Prozent.
  • In Bremen und Mecklenburg-Vorpommern rauchen dagegen 28 Prozent der erwachsenen Bevölkerung
  • Unter Ingenieurinnen und Ingenieuren der Elektro- und Telekommunikationstechnik gibt es besonders wenige Menschen, die rauchen: nur knapp 9 Prozent. Auch Ärztinnen und Ärzte rauchen eher selten, hier liegt der „rauchende Anteil“ bei 11 Prozent.
  • Ganz anders sieht das Bild zum Beispiel bei dem Personal aus, das Fahrzeuge, Fenster und Wäsche reinigt: In diesem Beruf raucht die Hälfte der Beschäftigten. Bei Kellnerinnen und Kellnern sind es fast ebenso viele: 47 Prozent.
  • 24 Prozent der Männer mit Abitur bzw. Hochschulabschluss rauchen, unter Männern mit Haupt- oder Volksschulabschluss sind es knapp 37 Prozent.
  • Bei Frauen ist dieser Unterschied geringer: 19 Prozent der Frauen mit  Abitur bzw. Hochschulabschluss und etwa 26 Prozent der Frauen mit Haupt- oder Volksschulabschluss rauchen.
  • Die gute Nachricht (fast) zum Schluss: Unter Jugendlichen gibt es so wenige Raucherinnen und Raucher wie noch nie: 6,1 Prozent der 12- bis 17-Jährigen in Deutschland rauchen. 

Damit ist die Rauchquote bei Jugendlichen in Deutschland in den vergangenen Jahren stark gesunken. Sie liegt schon fast bei einer Marke, die Krebs-Fachleute als Ziel für Europa im Jahr 2040 festgelegt haben: Spätestens dann soll Europa nämlich tabakfrei sein, was in diesem Fall konkret bedeutet, dass weniger als 5 Prozent der Menschen in der Europäischen Union rauchen oder andere Tabakprodukte konsumieren.

Dass seit Anfang dieses Jahres Zigarettenwerbung auf Plakatwänden und an Bushaltestellen verboten ist, trägt hoffentlich dazu bei, dass dieses Ziel auch erreicht wird.

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